Die Evakuierung

Linden-Neusen vor 70 Jahren, die Evakuierung

Die Alliierten erreichten im Spätsommer 1944 aus Richtung Belgien die deutsche Reichsgrenze. Die Straßen waren von Soldaten, die zurück strömten, Tag und Nacht überfüllt. Die Nationalsozialisten und die Polizei ordneten die Räumung der Bevölkerung an. Das Vieh wurde von den Nationalsozialisten ins Landesinnere getrieben. Lebensmittellager wurden leer geräumt und abtransportiert. Rentner und Hitlerjugend (15 – 16 Jahre alt) wurden dienstverpflichtet um Schützengräben zu bauen, mit dem Hintergrund, den Feind aufzuhalten. Die Gemeindeverwaltungen wurden mit den wichtigsten Unterlagen Rechtsrheinisch verlegt. Die ersten Leute verließen die Heimat in eine ungewisse Zukunft, andere wollten ihr Hab und Gut nicht verlassen und blieben im Dorf. Für alle begann eine schwere Zeit, Strom und Wasser gab’s nicht mehr, das elektrische Licht wurde durch Kerzen ersetzt. Das Wasser musste an Pumpen unter Lebensgefahr geholt werden.

Die Tiefflieger und der Granatbeschuss wurden täglich immer gefährlicher und mehr. Der Lebensmittelbedarf wurde von Vorräten (Eingemachtes) und Reste von Gemüsen und Kartoffeln aus den Gärten gedeckt. Wir lebten Tag und Nacht im Bunker, den wir aber nach einiger Zeit aufgaben, da man ihn zu oft unter Lebensgefahr verlassen musste, um z.B. die menschlichen Bedürfnisse zu verrichten, oder auch Lebensmittel zu besorgen. Da einige Häuser schon stark zerstört waren, zog man in Häuser, die stabile und gewölbte Keller hatten, um Schutz zu suchen. In diesen Kellern lebte man rund um die Uhr, um nicht von den Nationalsozialisten entdeckt zu werden und aus Angst vor immer stärker werdenden Kampfhandlungen, da jetzt aus der Zivilbevölkerung erste Verletzte und Tote zu beklagen waren.

Am 13. September wurde die Zivilbevölkerung aus Linden-Neusen dann doch noch von Soldaten und Polizei auf einem Wehrmachts-LKW zum nächsten Bahnanschluss nach Ameln bei Jülich abtransportiert und mussten ihre Heimat verlassen. Zuletzt verließen auch noch die Landwirte mit Pferd und Wagen und den übrig gebliebenen Tieren unter Zwang den Ort. Als dann am 17. November die Amerikaner das stark zerstörte Linden-Neusen besetzen, haben nach unseren Recherchen noch 11 Bewohner, ohne entdeckt zu werden, den Krieg im Dorf überstanden.

 

FS u. BG, im September 2014

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